Susanne Jensen


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Predigt zu Markus 2,23-28 am 20. Sonntag nach Trinitatis 2001  
   
Liebe Gemeinde!

Es war Anfang Oktober 
und wir hatten in unserer Stadt
verkaufsoffenen Sonntag.
Vom Wetter her war es schön,
ideal zum Spazieren, zum Schlendern.

So habe ich mich denn auch 
durch die Fußgängerzone
Richtung Südermarkt bewegt.
In der Stadt war der Bär los -
die Zeitung am Montag machte auf
mit der Meldung: 
Es war wie Weihnachten - Super Erfolg!

Wenn die verkaufsoffenen Sonntage die Regel werden,
werden sie an Glanz verlieren.
Das Besondere verschwindet schnell 
in dieser schnell-lebigen Zeit.
Das ist das eine, dazu kommt noch:
Es könnte aus diesem Tag, dem Sonntag,
ein Tag wie alle Tage werden.

Dieser Tag ginge als Tag zum Atemholen verloren.
Wo bliebe dann die gemeinsame freie Zeit 
für Familie und Freunde?

Ja, der 7.Tag ist auch der besondere Tag 
für die Religionsausübung, heiliger Tag - 
besondere Zeit für den gelebten Glauben in Gemeinschaft 
und dafür reserviert.

Wir wissen es alle, die wir hier sind:
dieser Tag ist der Tag des Herrn,
und zwar von Alters her.

4000 Jahre Geschichte stehen hinter diesem Tag;
dem Sabbat, dem 7.Tag, an dem Gott ruhte.
Der Tag macht uns den Schöpfungs-Rhythmus deutlich;
den Rhytmus von Ein- und Ausatmen,
den Rhytmus des Lebens schlechthin.

Gedenke des Sabbats ... Hüte den Sabbat ...
heißt es im 2. und 5. Buch Moses.
Der Sabbat, diese bezaubernde Ruhe, ist ein Gottesgeschenk.

Von Gott geht Ruhe aus
und wir Menschen sollen nach Gottes Willen
diese Ruhe nachahmen,
indem wir es nachlassen,
an diesem Tag zu arbeiten wie an allen anderen Tagen.

Nach jüdischer Tradition beginnt der Sabbat
am Freitagabend, sobald sich drei Sterne am Himmel zeigen,
und endet am Samstagabend, sobald die Gebete über
die mit Wein gelöschte Havdala-Kerze gesprochen werden. 

In der jüdischen Tradition lebte 
und atmete unser Herr Jesus Christus -
sein Herz schlug im Takt der Gebote,
deren Grundakkord bestimmt ist 
von Gottesliebe und Menschenliebe.

„Du sollst den Herrn, deinen Gott lieben ...
„Du sollst deinen Nächsten lieben ...

Doch jetzt wieder zum Sabbat:
Es sind in den Evangelien 
eine Reihe von Geschichten überliefert,
die Zweifel aufkommen lassen,
ob Jesus wirklich gesetzesfromm den 
Sabbat gehalten hat.

Im Markusevangelium lesen wir im 2.Kapitel
die Geschichte vom Ährenraufen am Sabbat:
Und es begab sich, 
daß er am Sabbat durch ein Kornfeld ging, 
und seine Jünger fingen an, 
während sie gingen, Ähren auszuraufen.
Und die Pharisäer sprachen zu ihm: 
Sieh doch! Warum tun deine Jünger am Sabbat, 
was nicht erlaubt ist?
Und er sprach zu ihnen: 
Habt ihr nie gelesen, was David tat, 
als er in Not war und ihn hungerte, 
ihn und die bei ihm waren:
wie er ging in das Haus Gottes zur Zeit Abjatars, 
des Hohenpriesters, und aß die Schaubrote, 
die niemand essen darf als die Priester, 
und gab sie auch denen, die bei ihm waren? (1. Sam 21,7;  3. Mose 24,9)
Und er sprach zu ihnen: 
Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht 
und nicht der Mensch um des Sabbats willen. (2. Mose 20,10)
So ist der Menschensohn ein Herr auch über den Sabbat.

Zweifel an Jesus und seiner Frömmigkeit
hatten auch die gelehrten Pharisäer,
die hier in dieser überlieferten Erzählung zu Wort kommen.

Sie sehen die Jünger Jesu „arbeiten“ im Sinne 
der Gebote und deren Auslegung.
Nach strenger rabbinischer Auslegung ist das,
was die Jünger da machen: Ernte-Arbeit.

Wenn man dieses Ausrupfen von einer Hand voll
Ähren wirklich als Ernte-Arbeit betrachtete,
würde man das Sabbat-Gebot sehr eng und 
schematisch auslegen. 

In jüdischer Tradition geht es bei den Geboten
um die Form und den Inhalt - sprich den Sinn des Gebotes.
Darum ging es auch Jesus.
Jesus legt das Sabbatgebot so aus,
daß sein Sinn nicht verlorengeht.
„Der Sabbat ist um des Menschen willen gemacht ...“

Der Sabbat ist gut: Ruhetag, 
Tag der Ruhe vor Gott und mit Gott - Tag der Gemeinschaft
Er gibt Zeit zum Aufatmen - zum Atemholen
Er ist schlicht eine soziale Wohltat 
für alle Menschen zu allen Zeiten.

Jesus denkt weitherzig
und antwortet im Sinne dieses menschenfreundlichen Gebots.
Von ihm können auch wir uns einladen lassen
Sabbat zu halten. 
Der Tag ist gut - hat Sinn - bedeutet vernünftig ausgelegt
keine altmodische Zwangsjacke.
Und so brauchen wir Christen das Sabbatgebot der Hebräischen Bibel.

Wir können dabei nur gewinnen.

Und wenn nun wieder verkaufsoffener Sonntag ist,
und ich durch die Stadt schlüre - ja, das kann sein -
man kann mich vielleicht auch wieder
dort treffen am Südermarkt.
Mein weg kann mich ja auch nach St.Nikolai führen.

Dann denke ich zur Diskussion um diesen Tag:
es darf nicht Regel werden,
daß an allen Sonntagen 
verkauft und gekauft wird.

Weil wir wirklich
einen geheiligten Tag brauchen,
der dafür steht, 
daß das Leben nicht käuflich ist.

Leben ist einzigartig
Leben ist Geschenk

AMEN