Susanne Jensen
Predigten | Meditationen | Gedichte | Fotos | Home |
Predigt zu 1. Jak 1,12-18 zum 1. Sonntag der Passionszeit | |
Liebe Gemeinde! Gut erinnern kann ich mich an einen Poesiealbum-Spruch meiner Tante. Sie hatte mir ins Album geschrieben: Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Damals dachte ich: Da hätt´ sie ruhig etwas mehr reinschreiben können und auch etwas bunter, so dass es was hermacht. Mit Bildchen und so ... Ganz leicht war der Spruch geschrieben, nicht feste aufgedrückt, von einer zarten Hand einer damals schon betagten Dame, von meiner Tante Grete. Es gibt nichts Gutes, außer man tut es. Der Spruch ging mir nicht aus dem Kopf, und ab und zu dachte ich an ihn, an den Appell, der darin steckt. Ich weiß, dass ich den Spruch nicht mochte. Er erzeugt Druck, klingt so ausschließlich, enthält kein Schlupfloch. ... nichts Gutes, außer man tut es. Ein Anspruch wird erzeugt, der einen außer Atem bringen kann. Das MUSS steht so stark im Vordergrund. Das hörte ich damals, und das höre ich auch heute noch. Tja, und als Christin trifft mich der Anspruch erst recht - drückt, und verbindet sich mit anderen Aufforderungen und Sprüchen: wie z.B.: Geben ist seliger als Nehmen. Oder: Gib, so wird dir gegeben. Gib - mach - und tu. Und nun stehe ich letzte Woche an Aschermittwoch am Marktplatz in Eckernförde und verteile Gutscheine für Zuneigung. Man bekommt einen Gutschein in die Hand, kann ihn ausfüllen, d.h. ein Kreuz machen bei: Ich lade Dich zu einem Verwöhnabend ein. oder Ich gehe mit Dir in den Ostergottesdienst, und gibt dann die Karte einer Person der eigener Wahl weiter. Der Empfänger der Karte ist gemeint - ihm, bzw. ihr soll etwas Gutes getan werden. Gegeben wird Zuneigung durch eine Tat. Einkaufen, Frühstück machen, Babysitting ... zu einem Krankenbesuch gehen ... Möglichkeiten gibt´s viele - auf den 4 unterschiedlichen Karten sind jeweils 6 angeboten. 24 Ideen, die beispielhaft zeigen sollen, was man alles machen kann. Auf den Gutscheinen und den Plakaten zur Aktion: 7 Wochen mit sind zwei Hände abgebildet: eine gelbe und eine blaue, eine gebende und eine empfangende Hand. Zwei Hände berühren sich, und es geschieht etwas zwischen den beiden Menschen. Geben und Empfangen geschieht. Ich erinnere mich an eine Meditationsübung in einem Krankenhaus. Bei schönen Musikklängen sollten wir im Schneidersitz unsere Hände nach oben offen halten, dann sollten wir die Hände drehen - mehr zur nehmenden Haltung. Die Therapeutin fragte: Was fühlt sich für Dich zur Zeit besser an? Versuche es für Dich herauszufinden. Ich konnte mich nicht recht entscheiden. Beides hatte etwas, beides fühlte sich irgendwie wichtig an. Ich glaube, mir fehlte das Gegenüber, eine Hand, die meine als Gebende oder Empfangende berührt. Bei einem Krankenbesuch während meiner Seelsorgeausbildung kam ich zu einer alten Dame ins Zimmer, der es sehr schlecht ging. Ich wusste von ihr, dass sie in ein Pflegeheim kommen sollte. Sie war in ihrer Wohnung allein gelassen worden, niemand kümmerte sich um sie - sah nach ihr. Vollkommen entkräftet lag sie nun im Krankenhaus. Sie konnte kaum sprechen. Doch wir führten ohne Worte ein Gespräch mit unseren Händen und Augen. Ich hielt ihre Hand - aber hielt sie nicht fest. Meine Hand streichelte - und ließ sich streicheln. Unsere Blicke trafen sich immer wieder dabei. Als ich am Abend aus dem Krankenhaus wegging, war ich von dieser Begegnung ganz eingenommen. Sehr viel Energie war von mir weggeflossen. Aber das Erstaunliche war, dass ich von meinem Gegenüber Energie zurück bekommen habe. Durch die Berührung entstand eine Segenssphäre. Eine Sphäre, in der Energie-Austausch stattfand. Geben ist seliger als Nehmen. Gib, so wird dir gegeben. Die Aktion 7 Wochen mit - nicht ohne will eine Gewinnaktion für die Beteiligten sein, keine Verzichts- oder Verlustaktion. Die 7 Wochen Aktion ist eine Fastenaktion der Kirche in der Passionszeit. Einer Zeit, in der sich Christen und Christinnen auf das Leiden und Sterben Jesu vorbereiten. Die Vorbereitung geschieht nicht ohne an Jesu Verkündigung anzuknüpfen. Die Bergpredigt - Verkündigung vom Kommen des Reiches Gottes - seine Hinwendung an Menschen außerhalb der Gesellschaft ... Das gehört alles zu Jesus - zu seinem Weg. Jesus nimmt in der Frage nach dem Höchsten Gebot in seiner Verkündigung das Wort von der Nächstenliebe aus dem 3. Buch Mose auf: Du sollst deinen Nächsten lieben, wie dich selbst. ... wie dich selbst. Auf diesen zweiten Teil des Gebotes will ich hinweisen. ... wie dich selbst. - Ist das Eigenliebe, Selbstliebe - Verliebtsein in sich selbst? Es gibt eine Menge Taten aus Selbstliebe. Egoistische Handlungen, nur auf das eigene Wohl bedacht. An sich denkend, um sich selbst kreisend. Rücksichtslose, berechnende und kalte Handlungen. Davon werden wir immer wieder getroffen. Dagegen seht die Nächstenliebe, der Aufruf zur Mitmenschlichkeit. Ja, die Gutschein-Aktion Zuneigung. Doch alle, die sich auf den Weg der Nächstenliebe aufmachen, sollten nicht vergessen, sich auch selbst lieb zu haben, und sich von anderen etwas Gutes tun zu lassen. Immer nur Geben und nicht empfanden, kann das Energie-Reservoir aufbrauchen. Immer nur Geben ermüdet unendlich - frustriert. Ich hab gegeben und gegeben, und am Ende stand ich leer da - enttäuscht und verbraucht. Das kann´s nicht sein. In die von Gott gewollte Segenssphäre eintreten, bedeutet: Geben und Empfangen, bedeutet beides. Für mich ein entlastender Gedanke. Es kommt was zurück - Ich darf mich auch zurücklehnen und einfach mal nur empfangen - muss nicht immer tun - machen - geben. Jeder, der ein Ehrenamt übernommen hat, weiß dazu sicher eine Menge zu sagen. Ganz viele opfern freiwillig Zeit, Geld und Lebensenergie - ganz viele handeln wie selbstverständlich Mitmenschlich - ganz ohne 7 Wochen Aktion und oft auch ganz ohne Kirche. Durch den Einsatz der Ehrenamtlichen, die Verantwortung für das Gemeinwohl übernehmen - die sich sagen, mir ist nicht egal, was um mich herum geschieht - nicht egal, ob Nachbarn und Kollegen in Nöten sind - nicht egal, was mit unserer Welt geschieht - durch ihren Einsatz wird ein Stück Himmelreich auf dieser Erde geschaffen. Mit allen, denen nicht egal ist, was um sie herum geschieht, arbeiten wir an einem Stück Himmel auf Erden - und hoffen auf den kommenden Himmel: So wie es in dem Lied des Berner Lyrikers und Theologen heißt, das er 1971 geschrieben hat: Der Himmel, der ist, ist nicht der Himmel, der kommt, wenn einst Himmel und Erde vergehen. Der Himmel, der kommt, das ist der kommende Herr, wenn die Herren der Erde gegangen. Der Himmel, der kommt, das ist die Welt ohne Leid, wo Gewalttat und Elend besiegt sind. Der Himmel, der kommt, das ist die fröhliche Stadt und der Gott mit dem Antlitz des Menschen. Der Himmel, der kommt, grüßt schon die Erde, die ist, wenn die Liebe das Leben verändert. AMEN |