Susanne Jensen


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Predigt zu "Der kleine Prinz" von Antoine de Saint-Exupery am Sonntag Septuagesimae  
   
Liebe Brüder und Schwestern!

Das Buch
Der kleine Prinz - von Antoine de Saint-Exupery
steht schon seit Jahren bei mir im Bücherschrank.

Ich glaube, ich habe es geschenkt bekommen.

Ja, hineingelesen habe ich auch -
doch hat mich „Der kleine Prinz“
schon von den ersten Seiten traurig gemacht. 
Ich habe das Büchlein erst einmal für Jahre beiseite gelegt.

Nun, als erwachsene Frau,
habe ich mich endlich diesem kleinen Büchlein gestellt.
Ich wurde hineingezogen in eine Landschaft
voller Gefühle, in das zärtliche Klima
dieser leuchtenden Fabel.

„Der kleine Prinz“ ist ein Kultbuch -
es wurde in alle möglichen Sprachen dieser Erde
übersetzt und mehr als 7 Millionen Mal verkauft.
Sogar eine plattdeutsche Ausgabe hatte ich neulich 
in der Hand.

Saint-Exupery widmete „den kleinen Prinzen“
seinem hungernden und frierenden Freund
Leon Werth in Frankreich, als er noch ein Junge war.

„Ich bitte die Kinder um Verzeihung, dass ich dieses
Buch einem Erwachsenen widme.“ - schreibt er.
Es ist kein Buch von einem Erwachsenen für Kinder,
aber auch kein Kinderbuch für Erwachsene.

Es ist ein Zwischending - gerichtet an das Kind 
in einem Erwachsenen und 
von einem solchen geschrieben.

So fängt es mit einer Kindheitserinnerung an:
„Als ich sechs Jahre alt war ...“
Der 6 jährige Hauptakteur, identisch mit dem Autor,
erzählt von seinen ersten Zeichen-Versuchen.

Beeindruckt war der 6 Jährige von der Abbildung
einer Riesenschlange, die ein Wildtier verschlingt.
Seine Zeichnung Nr. 1 sah so aus:



Die Reaktion der großen Leute 
auf seine Zeichnung Nr. 1:
„Warum sollen wir vor einem Hute Angst haben?“
Die Zeichnung stellte aber keinen Hut dar.
Sie stellte eine Riesenschlange dar, 
die einen Elefanten verdaut.

Seine Zeichnung Nr. 2 sah so aus:



Die großen Leute rieten dem 6 Jährigen ab
vom Zeichnen offener und geschlossener Riesenschlangen.
Er sollte sich besser für Geographie, Geschichte,
Rechnen und Grammatik interessieren.
So wurde aus einem hoffnungsvollen Zeichentalent
ein fliegender Reporter - ein Flieger der Reportagen
schrieb - und manchmal auch Geschichten
für Erwachsene als sie noch Kind waren.

Saint Exupery schrieb Reportagen,
er riskierte dabei all zu oft seinen Hals.
Mit seinem Flugzeug musste er 1935
2 Mal notlanden. Einmal in Libyen und
das andere Mal 200 Kilometer vor Kairo 
mitten in der Wüste. 
Eine Nomadenkarawane rettete ihn vor dem Verdursten.

In dieser tödlichen Traumlandschaft Wüste
ist die Gestalt des kleinen Prinzen geboren worden.
Immer wieder tanzte dieses kleine Kerlchen
über Manuskripte, Briefe und Tischdecken in Bistros.

„Die Wüste ist schön“ ... sagte der kleine Prinz
zu seinem Schöpfer. Und das war wahr.
Saint-Exupery hat die Wüste immer geliebt.
Man setzt sich auf eine Sanddüne. 
Man sieht nichts. Man hört nichts. 
Und währenddessen strahlt etwas in der Stille.
Für Saint-Exupery die schönste und traurigste 
Landschaft der Welt.

Die Kindheit Saint-Exupery´s war von viel
Verzweiflung und einer Menge Schatten verdunkelt.
Als er 4 Jahre alt war, starb der Vater,
während des 1. Weltkriegs starb sein Bruder.
Diese Wunden ließen in ihm eine brennende Sehnsucht
nach Heil und Frieden entstehen.

Aus diesem feinsinnigen und gefühlvollen Kind
wurde ein Humanist, der vom friedlichen Zusammenleben
träumte und immer wieder gegen Ausgrenzung und
Hetze anschrieb. 
Er wollte Brücken schlagen -
wollte Feinde zu Brüdern machen.

Bekannte Werke von Antoine de Saint-Exupery:
1931 Nachtflug
1939 Wind, Sand und Sterne (Terres des hommes)
1941 Flug über Arras
Und 1942 Der kleine Prinz 

Der Inhalt des kleinen Prinzen kurzgefasst:
„Ein Pilot fällt in die Wüste
und trifft dort auf wundersame Weise ein Kind,
das ihm die Weisheit offenbart.“

Ein religiöses Buch?
Ein weisheitliches Buch?

Lebensphilosophie ist stückweise erkennbar:
Fragen sind wichtiger als Antworten -
Gehen wichtiger als das Ziel.
Wünschen wichtiger als der gewünscht Gegenstand.

Das fragende kleine Kerlchen
stammte vom Asteroiden B 612.
Auf diesem Planeten gab es
3 Vulkane - 2 noch tätige und einen erloschenen
Vulkan. Dann liebliche Sonnenuntergänge,
so viele man sich wünscht, der Planet war klein.
Dann gab es dort gute und schlechte Gewächse -
die schlechten waren die wuchernden Affenbrotbäume,
die man schon als jungen Trieb ausrupfen muß.

O, du kleiner Prinz,
du hattest viel zu tun
auf deinem Planeten.

Ein ungewöhnlicher Spross kam über Nacht
aus der Erde - der Spross begann eine Blüte anzusetzen -
eine riesige Knospe - und aus ihr erschien
eine Blume im vollen Ornat ihrer Schönheit.

Die Blume war mit der Sonne geboren und
stellte sogleich Ansprüche an den von ihr
verzauberten Prinzen.
Sie wollte frühstücken - sie wollte einen Wandschirm
gegen Zugluft ... und einen Glassturz gegen die 
Kälte der Nacht.

 Der kleine Prinz war zu jung,
er war überfordert und entschloss sich
kurzer Hand von seinem Planeten zu fliehen.

Die Trennung war sehr schwer.
„Adieu“, sagte er zur Blume.
Aber sie antwortete ihm nicht.
„Adieu“, wiederholte er.
Die Blume hustete.
„Ich bin dumm gewesen,“ sagte sie endlich zu ihm.
„Ich bitte dich um Verzeihung.
Versuche, glücklich zu sein.“

Der kleine Prinz 
verließ seinen Planeten und
und die ihn liebende stolze und wunderschöne,
einzigartige Blume.

Seine Flucht vor der Blume
ging über 6 Asteroiden,
bewohnt mit großen Leuten, 
hin zur Erde - dem 7. Planeten.

Dort hatte er allerlei Begegnungen,
die er alle dem Piloten in der Wüste erzählte.

Auf seiner Erdenwanderung
war ihm ein Fuchs zum Freund geworden.
Der kleine Prinz
nahm sich die Zeit,
sich mit dem Fuchs vertraut 
zu machen - mit ihm zu spielen -
und sich von ihm brauchen zu lassen.

Zum Abschied hat er ihm ein Geheimnis
anvertraut. „Hier ist mein Geheimnis.
Es ist ganz einfach: man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.“

Dies alles vertraute der kleine Prinz
dem Piloten an, der nun langsam 
um sein Leben bangte -
weil das Wasser ausgegangen war.

Als wir stundenlang schweigend dahingezogen waren,
brach die Nacht herein, und die Sterne begannen
zu leuchten.
Ich sah sie wie im Traum, 
ich hatte ein wenig Fieber vor Durst.
„Du hast also auch Durst?“ fragte ich ihn.
Er antwortete nicht auf meine Frage.
Er sagte einfach: „Wasser kann auch gut sein für das Herz....“
Ich verstand seine Worte nicht, aber ich schwieg ....

Er war müde. 
Er setzte sich. 
Ich setzte mich neben ihn.
Und nach einem Schweigen sagte er noch:
„Die Sterne sind schön, weil sie an eine Blume erinnern,
die man nicht sieht ....“

Ich antwortete: „Gewiss“ und betrachtete schweigend
die Falten des Sandes unter dem Monde.

„Die Wüste ist schön“, fügte er hinzu...

Und das war wahr.
Ich habe die Wüste immer geliebt.
Man setzt sich auf eine Sanddüne.
Man sieht nichts. Man hört nichts.
Und währenddessen strahlt etwas in der Stille.

„Es macht die Wüste schön“, sagte der kleine Prinz,
„dass sie irgendwo einen Brunnen birgt.“
Ich war überrascht,
dieses geheimnisvolle Leuchten des Sandes
plötzlich zu verstehen.

....
Der Humanist Antoine Saint-Exupery
hat vielen Kindern und Erwachsenen
mit dem kleinen Prinzen,
diesem Büchlein, ein Geheimnis anvertraut.
Man sieht nur mit dem Herzen gut.
Das Wesentliche ist für die Augen unsichtbar.

Am 31. Juli 1944 ist der Kapitän Saint-Exupery
von einem Aufklärungsflug über Frankreich
nicht zurückgekehrt - er blieb spurlos verschwunden.

AMEN