Susanne Jensen
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Predigt zu Apg. 16,9-15 an Sexagesimae | |
Liebe Gemeinde, ich spreche in den Worten des Apostels Paulus den Kanzelgruß: Gnade sei mit euch und Friede von Gott, unserem Vater, und dem Herrn Jesus Christus! Dieser Gruß gilt den Korinthern vor fast 2000 Jahren und gleichzeitig auch uns hier in Brekendorf im Jahre 2002. Paulus ist ein wortgewaltiger Prediger, seine Verkündigung ist uns in seinen Briefen erhalten - wir lesen und beten Paulus. Neben den Paulusbriefen, gibt es noch die Apostelgeschichte, verfasst von dem Arzt Lukas, ein gutes Zeugnis über das Leben und Wirken des Paulus. Der Arzt Lukas hat den Paulus live erlebt. Er ist mit ihm ein Stück weit gereist und hat ihn dabei auch ärztlich versorgt. In der Apostelgeschichte berichtet Lukas von dieser Wegstrecke, die er mit Paulus gemeinsam unterwegs war, - in unserem Predigttext, Kapitel 16, die Verse 9-15: Ich lese: Und Paulus sah eine Erscheinung bei Nacht: ein Mann aus Mazedonien stand da und bat ihn: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! Als er aber die Erscheinung gesehen hatte, da suchten wir sogleich nach Mazedonien zu reisen, gewiß, daß uns Gott dahin berufen hatte, ihnen das Evangelium zu predigen. Da fuhren wir von Troas ab und kamen geradewegs nach Samothrake, am nächsten Tag nach Neapolis und von da nach Philippi, das ist eine Stadt des ersten Bezirks von Mazedonien, eine römische Kolonie. Wir blieben aber einige Tage in dieser Stadt. Am Sabbattag gingen wir hinaus vor die Stadt an den Fluß, wo wir dachten, daß man zu beten pflegte, und wir setzten uns und redeten mit den Frauen, die dort zusammenkamen. Und eine gottesfürchtige Frau mit Namen Lydia, eine Purpurhändlerin aus der Stadt Thyatira, hörte zu; der tat der Herr das Herz auf, so daß sie darauf achthatte, was von Paulus geredet wurde. Als sie aber mit ihrem Hause getauft war, bat sie uns und sprach: Wenn ihr anerkennt, daß ich an den Herrn glaube, so kommt in mein Haus und bleibt da. Und sie nötigte uns. Vor uns liegt ein Ausschnitt eines Reiseberichtes mit einer angehängten Bekehrungsgeschichte. Orte sind genannt, deren geographische Lage ich mir erst einmal auf der Karte im Bibelatlas genauer anschauen muss. Die Karte ist überschrieben mit: Die zweite Missionsreise des Paulus (ca. 50 bis 52 n.Chr.) Eine dicke Linie schlängelt sich an den Küsten des Lichts entlang, den frühen Stätten der Christenheit. Phantastische Reise! - über Land und Wasser - quer durch Kleinasien - mit dem Schiff nach Griechenland - dort die Ostküste längs - nach Athen und Korinth und wieder zurück an die Küste Palästinas. Eine Sonnentour - Wahnsinn, die Farben des Mittelmeeres! Dieses Blau - Rot - Weiß - Licht - der Sonne entgegen. Da schweifen meine Gedanken doch ein wenig ab. Hin zu einer wunderschönen Mittelmeerreise - gut organisiert, im klimatisierten Reisebus - dann in einer Luxuskabine auf einem Mittelmeerkreuzer. Unterbringung und Verköstigung in drei Sterne-Hotels. Mei, davon träume ich - und nicht nur ich. Doch die Reisebedingungen des Paulus sahen Mitte des 1. Jahrhunderts n. Chr. etwas anders aus. Als Wanderprediger ist er mit einigen Gefährten in eine fremde Welt aufgebrochen. Über tausende von Kilometern auf steinigen und staubigen Straßen, bergauf, bergab - Wind und Sturm ausgesetzt. Paulus - ein mutiger Grenzgänger, der sich durch nix hat bremsen lassen in seinem Verkündigungs-Drang. Wer drängt den Paulus? Was treibt ihn an? Dass er sich entschließt im Frühsommer 50 n. Chr. über zu setzen von Kleinasien nach Europa, hinüber in die westliche Welt. Ist es Gottes geheimnisvolle Reiseleitung? Die Erscheinung bei Nacht: Komm herüber nach Mazedonien und hilf uns! Diese Erscheinung - ein Ruf Gottes. Bei der Überfahrt haben sie Glück. Die südlichen Winde ermöglichen eine kurze Überfahrt: von Troas mit dem Schiff nach Samothrake, dort gehen sie bei Nacht vor Anker, dann am morgen weiter im gleichen Tempo zur Hafenstadt Neapolis. Alles ist dort schon ziemlich römisch - römische Kolonie mit römischen Kolonisten bewohnt. Römisch bedeutet im frühchristlichen Kontext: heidnisch - den römisch-heidnischen Göttern zugetan, zum Jupiter, und zur Aphrodithe! Eine andere Welt, eine andere Richtung - andere Götter. Dem setzen sie sich aus, der Paulus, der Silas, Timotheus und der Lukas. In Philippi, 12 km von Neapolis entfernt, stellen sie fest, dass ihnen der übliche Anknüpfungspunkt fehlt: in dieser römischen Kolonistenstadt gibt es keine Synagoge - kein jüdisches Bethaus. Da wären sie sonst hingegangen. Sie fragen sich durch nach jüdischen Häusern - nach Gebetsplätzen. Und erhalten den Tipp, am Sabbat zum Waschplatz am Fluß Gangites zu gehen. Dorthin hat der Ruf Gottes den Apostel Paulus geführt: Zu einem Waschplatz an einem Waschtag, an dem sich gottesfürchtige Frauen treffen. Für Paulus Neuland. Mit diesen Frauen reden - ins Gespräch kommen. Eine Frau am Fluss als die erste Bekehrte in Europa! Sie wird besonders genannt. Lydia - die Purpurhändlerin aus Thyatira, der Provinz Asien. Sie hörte zu. Ihr tat der Herr das Herz auf, so dass sie darauf acht hatte, was von Paulus geredet wurde. Der Anknüpfungspunkt für die Predigt des Paulus lag in ihrem Herzen. Der Herr tat ihr das Herz auf und sie gab acht, was ihr da entgegen kam. Diese vermögende Frau ließ sich mit ihrem ganzen Haus, d.h. mit ihrem Personal, taufen. Ganz oder gar nicht. Und die Taufe hatte gleich Konsequenzen für sie. Sie war bereit die Sache Jesu zu unterstützen, energisch holte sie sich den Paulus und seine Leute in ihr Haus. Eine tolle Geschichte. Es klingt so leicht - Bekehrung und Begeisterung im Vorbeigehen. Paulus redet mal eben so mit Paar Frauen. Alles vom Heiligen Geist bewegt - den Ruf Gottes im Herzen. Und was bewegt uns Christen und Christinnen etwas weniger als 2000 Jahre nach Paulus? Bewegen uns die Geschichten aus der Bibel? Kommt aus diesem alten, vertrauten und heiligen Buch der Ruf in die Weite - der Ruf in die Fremde? Wo sind unsere Küsten des Lichts? Was treibt uns an? Gott, als unsere geheimnisvolle Reiseleitung ins angebrochene Jahrtausend? Der Glaube ist nichts Statisches, etwas was man hat - der Glaube ist dynamisch, auf Bewegung und Begegnung aus. Wir können Neuland in uns selbst entdecken. Manchmal ist das Neuland in uns wie eine römische Provinz, manchmal wie das Mittelmeer - und manchmal ist das Neuland in uns wie ein unruhiges und offenes Herz. Lassen wir unseren Glauben Reisen unternehmen ins Neuland. Nicht mit Studiosus sondern mit Gott. AMEN |